Leifheit-Stiftung stellt Bauprojekt im Stadtrat vor

Rhein-Lahn-Zeitung, 20. Oktober 2018:

Betreutes Wohnen Das soll auf dem Platz neben dem Kulturhaus im Nassauer Zentrum entstehen

Von unserem Redakteur Carlo Rosenkranz

So soll sich das Projekt „Betreutes Wohnen“ der G. und I. Leifheit-Stiftung in die Umgebung einfügen. Das Gebäude soll zwischen der Kaltbachstraße (rechts) und dem Parkdeck am Kulturhaus entstehen. Dazu wird ein Teil des Unteren Bongert benötigt. Grafik: PFM Planung und Facility Management GmbH

Nassau. Vor mehr als 30 Bürgern und den Mitgliedern des Nassauer Stadtrats hat die G. und I. Leifheit-Stiftung gestern gezeigt, wie sie sich das seit vielen Jahren geplante Projekt „Betreutes Wohnen“ auf dem ehemaligen Brauereigelände im Herzen der Stadt vorstellt. Die noch ganz am Anfang stehende Machbarkeitsstudie stieß allgemein auf Wohlwollen, wenn nicht sogar Begeisterung. Eine Kröte müssen die Ratsmitglieder aber schlucken, wenn die Pläne Realität werden sollen.

Das dreistöckige Gebäude soll Wohnraum für insgesamt 60 Senioren bieten. Dabei gibt es unterschiedliche Formen, wie dieser gestaltet wird. So sollen Wohnungen mit einer Größe von 50 bis 60 Quadratmetern entstehen. Denkbar ist, dass zwei Wohnungen etwas größer ausfallen. Zudem sind Wohngemeinschaften geplant, die über gemeinsame Bereiche beispielsweise zum Essen verfügen. Weiterhin bestehen Kapazitäten, um eine Arztpraxis einzurichten. Dort könnten tageweise wechselnde Fachmediziner Sprechstunden anbieten. Eine Option, die Ratsmitglied und Allgemeinmediziner Dr. Thomas Klimaschka (CDU) ausdrücklich lobte. So habe Nassau trotz relativ geringer Einwohnerzahl die Möglichkeit, Ärzte gewisser Fachrichtungen in die Stadt zu bekommen. Am meisten gespannt waren Mandatsträger und Bürger aber auf die architektonische Gestaltung des Gebäudes. Und die überzeugte auf Anhieb.

Straße Unterer Bongert müsste überbaut werden

Das Objekt ist dreigeschossig geplant und erstreckt sich in einem leichten Bogen aus Richtung Kulturhaus bis zum derzeitigen Kleiderladen der Flüchtlingsinitiative. Damit werden auch die Befürchtungen einiger Ratsmitglieder bestätigt, dass die Straße Unterer Bongert als Fläche benötigt wird und damit ab dem Parkdeck vor dem Kulturhaus wegfallen würde. Daraus machte Stefan Seip, Geschäftsführer der Leifheit Immobilien und Beteiligungen GmbH (LIB) auch gar keinen Hehl. „Wir sind darauf angewiesen, einen Teil der Straße zu überbauen“, sagte er und wandte sich an die Ratsmitglieder: „Ich hoffe, dass der ein oder andere das nicht so schlimm findet und zu der Erkenntnis gelangt, dass die Stadt dafür einen tollen Gegenwert erhält.“ Erste Äußerungen aus den Fraktionen und von den anwesenden Bürgern lassen darauf schließen, dass genau das der Fall ist.

Architekt Georg Lambert hat sich alle Mühe gegeben, das Gebäude und sein Umfeld so zu gestalten, dass es als Bereicherung des Nassauer Stadtkerns betrachtet werden kann. Schon die begrenzte Höhe des Baus passt sich in die Umgebung ein. „Wir haben uns städtebaulich nicht getraut, ein viertes Stockwerk draufzusetzen. Das schien uns ein bisschen zu dominant“, sagte er. Die für Pflege- und Betreuungspersonal notwendigen Parkplätze sollen in einer Tiefgarage entstehen. 

Platz soll Bewohnern und Bürgern zur Verfügung stehen

Damit rund um die 1380 Quadratmeter überbaute Fläche Raum für Grün und einen Platz ist, der Bewohnern und Bürgern zur Verfügung steht, müsse aber auch der jetzige Untere Bongert miteinbezogen werden. „Anders ist unser Konzept nicht zu verwirklichen“, sagte LIB-Geschäftsführer Seip. „Auf den jetzigen Schotterplatz könnte man sonst nur ein Türmchen stellen, mit dem in Nassau niemand glücklich wäre.“

Architekt Lambert hält den Standort im Übergangsbereich von Kernstadt zu den Wohngebieten Nassaus für ideal für ein solches Projekt, da Senioren nicht fernab von Cafés, Geschäften und Kulturangebot wohnen wollten. Die Gestaltung des Außenbereichs könne die Stadt bereichern. „Dort gibt es im Moment in einigem Umkreis keinen einzigen Baum“, sagte Lambert. Der in Richtung Kulturhaus und Parkdeck vorgesehene Platz könne für Konzerte oder Ähnliches miteinbezogen werden. Gewinnen soll auch der untere Bereich der Kaltbachstraße zwischen Obertal und Unterem Bongert. Das Gebäude soll vom Straßenrand zurückgesetzt werden, um dort mehr Raum zu schaffen, der ebenfalls begrünt werden soll.

Lawine namens Digitalisierung ist unaufhaltsam

Rhein-Lahn-Zeitung, 22. September 2018:

Verwandlung Beim 3. Nassauer Dialog kommen Chancen und Risiken zur Sprache

Von unserer Mitarbeiterin Ulrike Bletzer

Nassau. Während Stadtbürgermeister Armin Wenzel von der „industriellen Revolution des 21. Jahrhunderts“ sprach, nannte Dietrich Hoppenstedt, Präsident der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft, es schlicht ein „Megathema“. Josef Peter Mertes, stellvertretender Vorsitzender der G. u. I. Leifheit-Stiftung, wiederum erinnerte leicht nostalgisch an gar nicht so weit zurückliegende Zeiten, in denen die Telefonapparate noch Wählscheiben hatten und man, wenn es schnell gehen musste, auf das gute alte Telegramm zurückgriff.

Anders ausgedrückt: Jeder der drei Vorredner wählte andere, letztlich aber auf dasselbe hinauslaufende Worte, um zum Thema „Digitalisierung in unserer Gesellschaft – Herausforderungen und Chancen für eine bessere Zukunft“ überzuleiten. So war der Abendvortrag des dritten von der G. und I. Leifheit-Stiftung finanzierten Nassauer Dialogs überschrieben, zu dem die in Münster ansässige Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft nach Nassau eingeladen hatte.

Auch für diese Runde der 2015 ins Leben gerufenen Veranstaltung, die junge Nachwuchs-Führungskräfte für gesellschafts- und kommunalpolitisch aktuelle Fragen sensibilisieren möchte, hatte man einen hochkarätigen Referenten an Land gezogen: Rainer Bomba war von 2009 bis März 2018 als Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium unter anderem für den Themenkomplex Digitale Infrastruktur zuständig. Heute arbeitet der 54-Jährige in einem sogenannten Think Tank mit – einem Institut, das Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung zu vernehmen versucht, indem es politikberatend tätig ist.

Ja, die Digitalisierung sei von ihrer Bedeutung her durchaus mit der industriellen Revolution vergleichbar, griff Bomba Armin Wenzels Worte auf: „Allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Sie umfasst alle Lebensbereiche – und zwar weltweit.“ Und: „Während die industrielle Revolution viele Jahrzehnte in Anspruch genommen hat, vollzieht sich die Digitalisierung in einer atemberaubenden Geschwindigkeit. Sie kommt wie eine riesige Welle auf uns zu und braucht nur wenige Monate und Jahre, um die Welt massiv zu verändern.“ Gleichwohl handle es sich nicht, um ein Thema, das man in absehbarer Zeit ad acta legen könne: „Es wird uns über viele Dekaden hinweg beschäftigen.“

Was die „Nostalgie“ betrifft: Ob jemand wisse, wie viele Apps es im Fußball-WM-Jahr 2006 gegeben hat, fragte Bomba in die Runde: „Richtig, gar keine. Damals hat es nämlich noch gar keine Smartphones gegeben.“ Eine Entwicklung mit bahnbrechenden Neuerungen also, die zwar nicht nur Positives mit sich bringt, die Gesellschaft aber unter Zugzwang bringt. „Wir müssen den Menschen die Vorteile erklären, die diese Neuerungen mit sich bringen, denn es wäre fatal, wenn ein Teil der Bevölkerung auf der Strecke bleiben würde“, betonte Bomba. „Die Digitalisierung können wir nicht aussitzen. Wir müssen uns damit beschäftigen, ob es uns Spaß macht oder nicht, denn sonst gehen irgendwann die Lichter aus.“

Bund und Länder hätten bereits viel Geld in die Digitalisierung gesteckt, in dieser Legislaturperiode werde die Bundesregierung im Rahmen ihrer Digitalisierungskampagne noch einmal 12 Milliarden obendrauf setzen, so Bomba. „Das Geld muss jetzt unter die Erde gebracht werden“, umschrieb er das Ziel, bis 2025 flächendeckend mit Glasfaserkabel ausgestattet zu sein, und differenzierte: „Mit 85 Prozent entfällt der Löwenanteil der Kosten nicht auf die Kabel, sondern auf die Erdarbeiten.“ Überhaupt scheitere das Ganze nicht am Geld: „Das Problem ist eher die Umsetzung.“ Und was die leidigen Funklöcher betrifft, die es dem Vernehmen nach sogar in Berlin gibt: „Die Bundesregierung arbeitet zurzeit fieberhaft daran, sie zu beseitigen. Ich gehe davon aus, dass es in einigen Jahren so weit ist“, sagte der Ex-Staatssekretär. „Andere Länder sind da wesentlich weiter als wir.“

Auch auf die Themen Elektromobilität und automatisiertes Fahren („Damit könnte man Unfälle um 90 Prozent reduzieren, da die Fahrzeuge Gefahren wesentlich schneller erkennen als wir Menschen“) und digitalisiertes Wohnen („Die Häuser denken mit und kommunizieren mit uns“) ging Bomba kurz ein, bevor er verdeutlichte, wie sehr dies alles schon an die Realität herangerückt ist: „Das ist nicht Raumschiff Enterprise. Das sind wir.“

Kaum überraschend, dass in der abschließenden Diskussionsrunde auch der eine oder andere kritische Ton zu hören war. „Wo kommen Kinder und Jugendliche heute noch in Kontakt mit der Natur?“, fragte sinngemäß ein Zuhörer. „Wo kommen die Menschen noch zusammen, wo findet Demokratie noch statt?“, warf ein anderer in die Runde. In Zeiten von WhatsApp und Co. gebe es für die Jugendlichen keinen Rückzugsort mehr. Mit dieser Situation pädagogisch angemessen umzugehen, sei eine mindestens ebenso große Herausforderung wie die Digitalisierung selbst, fügte Martin Ufer, Schulleiter des Leifheit-Campus, hinzu.

Im Zuge der Digitalisierung drohe vieles, darunter die soziale Kommunikation von Mensch zu Mensch, auf der Strecke zu bleiben, bestätigte Rainer Bomba, der diesen Zwiespalt jedoch nicht für unlösbar hält. „Wir müssen die Zukunft gestalten und gleichzeitig das Erbe erhalten“, betonte er, ohne hier weiter ins Detail zu gehen.

Rainer Bomba kennt sich aus mit dem Thema Digitalisierung. Als Staatssekretär hat er sich damit intensiv beschäftigt. Foto: Ulrike Bletzer

Leifheit-Stiftung unterstützt den Sozialkompass Nassau

Rhein-Lahn-Zeitung, 25. Mai 2018:

Netzwerk 30 000 Euro zur Deckung laufender Kosten des Vereins – Beratungsstelle sucht Nachfolger für Beratungsangebot

Nassau. Mehr als 530 Menschen haben in diesem Jahr bereits Rat und Hilfe beim Sozialkompass Nassau in Anspruch genommen. Der Verein ist ein Netzwerk von 30 sozialen Institutionen und engagierten Einzelpersonen. Herzstück des Sozialkompasses ist das Beratungszentrum in der Gerhart- Hauptmann-Straße. „Die Menschen kommen aus der gesamten Verbandsgemeinde, aber auch aus Bad Ems und Umgebung zu uns“, sagt Schatzmeister Horst Engel. Er nahm nun die Zusage über eine Förderung in Höhe von 30 000 Euro entgegen, die von der G. und I. Leifheit-Stiftung zur Verfügung gestellt wird. „Es ist der Stiftung sehr wichtig, dass es eine solche Anlaufstelle in Nassau gibt“, sagte Geschäftsführer Ingo Nehrbaß.

„Zu uns kommen die Leute, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen“, sagt Peter Nettesheim, der das Beratungszentrum 2009 gemeinsam mit Günther Höltken aufbaute. Es bietet Lebensberatung und beantwortet Fragen im Zusammenhang mit dem gesamten Sozialrecht und zum Betreuungsrecht. Außerdem hilft man beim Ausfüllen von Formularen und begleitet Hilfesuchende zu Behörden. „Anträge und Formulare werden immer komplexer“, sagt Nehrbaß, und Engel zufolge wird den Menschen in den Behörden nicht immer weitergeholfen. Der gelernte Verwaltungsangestellte sagt: „Ich weiß manchmal auch nicht, was die Behörden verlangen.“ Bei Bedarf vermittelt das Beratungsbüro des Sozialkompasses an die passenden Netzwerkpartner.

Die G. und I. Leifheit-Stiftung ist seit Jahren ein Förderer des Beratungsangebots und des Sozialkompasses. Seit 2012 unterstützt die Stiftung das Büro, und die Idee zur Gründung eines Netzwerks brachte im Folgejahr ebenfalls die Stiftung auf. Seit der Vereinsgründung 2015 finanziert man den Sozialkompass Nassau. Die jetzt bewilligten Mittel für 2018 sind zur Deckung laufender Kosten.

Um das Beratungsangebot aufrechterhalten zu können, sucht der Sozialkompass derzeit einen Nachfolger für Peter Nettesheim. Er hört Ende des Jahres altersbedingt auf und möchte seine Aufgaben in gute Hände legen. Das Anforderungsprofil für die Honorarkraft, die 15 bis 20 Stunden pro Woche zur Verfügung stehen soll, ist klar umrissen. „Man muss die Menschen pädagogisch und psychologisch betreuen und sich im Umgang mit Behörden und Institutionen auskennen“, sagt Nettesheim. Kurz: Man benötigt ein Händchen für die Menschen und viel Empathie. Außerdem sind Einsatzwille und Herzblut gefragt. „Eine Ausbildung im Bereich Sozialpädagogik ist nicht zwingend, aber wünschenswert“, so Nettesheim, der vor der Rente bei der Stiftung Scheuern arbeitete. Seinem Nachfolger möchte Nettesheim sein Wissen und seine Erfahrung in einer Übergangszeit weitergeben. crz

Die Sprechstunden des Beratungszentrums in der Gerhart-Hauptmann-Straße sind montags von 9 bis 13 Uhr, mittwochs von 13 bis 17 Uhr, freitags von 10 bis 15 Uhr. Dienstags und donnerstags sind Beratungen nach telefonischer Vereinbarung möglich, 02604/952 38 01.

Professor lässt Revolution in Nassau lebendig werden

Rhein-Lahn-Zeitung, 13. Mai 2019:

Michael Kotulla begeisterte das Publikum als Referent der zweiten Burggespräche

Nassau. „Es ist gut zu wissen, woher man kommt.“ Das sagte Landrat Frank Puchtler im Rittersaal der Burg Nassau zu den historisch interessierten Zuhörern der 2. Nassauischen Burggespräche, deren Schirmherr er war. Die Burggespräche wurden mit der Unterstützung der Stadt Nassau, der G. und I. Leifheit Stiftung und der Nassauischen Sparkasse durchgeführt. Referent war Michael Kotulla, Professor an der Fakultät für Rechtsgeschichte der Universität Bielefeld, der über das Thema „Revolution in Nassau? – Das Herzogtum in den Jahren 1848/49“ sprach.

„Schwefelt die Dachse aus!“ und „Kein Fürst, kein Graf, kein Edelmann soll mehr existieren!“ soll die Menge vor dem Nassauer Schloss gerufen haben. Heftige und rohe Gewalt gegen Sachen und Menschen, Brand und Blut – so stellt man sich eine Revolution vor, die zum Umsturz der gesetzlichen Ordnung führt. Wie es sich bei der Revolte im Herzogtum Nassau mit massenhafter Beteiligung der Bauern 1848/1849 tatsächlich abgespielt hat, war das Thema dieses Abends. Kotulla wies auf Ursachen hin, stellte Zusammenhänge her und schilderte die Folgen der Ereignisse, „die trotz Rolle rückwärts bis in die heutige Zeit reichen“. Er machte das weder dröge noch nach professoraler Art, sondern ließ in seinem interaktiven Diavortrag Bilder nicht nur auf der Leinwand, sondern auch vor den inneren Augen der Zuhörer entstehen. „So ist Geschichte spannend“, war in der Pause aus dem Publikum zu hören, das sich bei einem kalten Büfett über den Vortrag austauschen und mit dem Fachmann ins Gespräch kommen konnte. Spannend war der Vortrag an diesem Abend tatsächlich – was nicht zuletzt an der persönlichen Art des Professors und seiner Bereitschaft lag, ausführlich auf die Fragen der Zuhörer einzugehen.

Worum es in seinem Vortrag genau ging? In Nassau gärte es als unmittelbare Folge der Februarrevolution von 1848 in Frankreich. Auch in Deutschland setzten 1848 revolutionäre Erhebungen ein – auch und nicht zuletzt im Herzogtum Nassau. Am 1. März 1848 wurden bei einem Treffen im Wiesbadener Hotel „Vier Jahreszeiten“ unter Federführung des liberalen Politikers August Hergenhahn neun „Forderungen der Nassauer“ formuliert, nämlich: allgemeine Volksbewaffnung, unbedingte Pressefreiheit, sofortige Einberufung eines deutschen Parlaments, sofortige Vereidigung des Militärs auf die Verfassung, Vereinigungsfreiheit, öffentliches und mündliches Strafgerichtsverfahren mit Schwurgerichten, Klärung des Domänenstreits, neues Wahlgesetz und Religionsfreiheit. Die Forderungen wurden am folgenden Tag bei einer Volksversammlung verkündet und von Wiesbaden aus durch Flugblätter und Mundpropaganda ins ganze Land getragen. Die Polizei griff nicht ein. Die Obrigkeit schien gelähmt. Am 4. März musste Herzog Adolf die Forderungen vor etwa 40 000 Menschen, die mit Äxten, Dreschflegeln, Heugabeln und Sensen eigens nach Wiesbaden geeilt waren, akzeptieren. Eskalation drohte, doch das Militär hielt sich zurück.

Solche und ähnliche Informationen vermittelte Kotulla den Zuhörern auch im weiteren Verlauf seines Vortrags: wortgewandt, lebendig, systematisch, chronologisch und Schritt für Schritt, ohne die historischen, sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhänge außer Acht zu lassen. So entwickelte sich bei den Zuhörern eine Vorstellung von den Ereignissen, angefangen beim Vormärz bis zur „Landesherrlichen Proklamation vom 5. März“, mit der Herzog Adolph die Einhaltung der Forderungen zusicherte.

Weitere Themen waren die Urwahlen und die Nationalversammlung am 18. April 1848 sowie die Deputiertenwahl am 1. Mai 1848 und schließlich das Aufflackern der Revolution auf dem Land. Dabei wurde deutlich, dass es keine Zukunft ohne die geistige Durchdringung der Vergangenheit geben kann und die Identität eines Staatsvolkes auch durch die Geschichte begründet wird, weil seine Menschen Antworten auf die Fragen suchen, woher sie kommen, wo sie stehen und wohin sie gehen wollen.

Karl-Heinz Wolter

Weder dröge noch professoral: Nicht zuletzt an Michael Kotullas anschaulichem Vortragsstil lag es, dass sein Vortrag bestens ankam. Foto: Wolter

Zwei Reformen der Verfassung – und dann?

Rhein-Lahn-Zeitung, 08. Mai 2018:

Geschichte Bielefelder Professor weckt Interesse an einem weiteren Burggespräch – Premiere in historischer Kulisse der Burg

Nassau. „Das Nassauer Land lebt und strahlt bis nach Ostwestfalen.“ Mit diesen Worten begrüßte Landrat Frank Puchtler den Bielefelder Professor Dr. Michael Kotulla zum Vortrag auf Burg Nassau. Auch „Burgherrin“ Dr. Angela Kaiser-Lahme, Chefin der Generaldirektion Kulturelles Erbe des Landes Rheinland-Pfalz, konnte Puchtler willkommen heißen. So weckte das „Erste Nassauische Burggespräch“ in historischer Kulisse und vor einem interessierten Publikum hohe Erwartungen. Günstige Umstände lassen, wie Stadtbürgermeister Armin Wenzel wünschte, im kommenden Jahr auf eine Fortsetzung hoffen. Denn die Initiatoren des Burggesprächs, der Veranstaltungsort, der Referent, die Epoche und das Thema passten idealtypisch zueinander.

Landrat Puchtler, von Professor Kotulla als „geborener Lokalpatriot“ geadelt, hat als Schirmherr das Burggespräch nach Nassau geholt. Der Bielefelder Lehrstuhl erforscht in einer Mammutstudie die Verfassungsgeschichte der deutschen Länder von 1806 bis 1818, darunter auch die des Herzogtums Nassau. Die G. und I. Leifheit-Stiftung fördert die Forschung und Publikation. Geschäftsführer Ingo Nehrbaß sprach ein Grußwort. Die Stadt als Namensgeberin und Stammsitz der ehemaligen Nassauischen Dynastie ist für jeden Impuls offen. Und letztlich ist der Geschichtsverein ständiger Vermittler des nassauischen Erbes am Ort. Hinzu kommt als Räumlichkeit mit besonderer Atmosphäre der Rittersaal der Burg. Vor diesem Hintergrund konnte Professor Kotulla alle Register seiner Forschungsarbeit ziehen.

Die Verfassungsgeschichte von 54 Staaten, von Anhalt bis Würzburg, erforscht Kotulla mit seinem Team am Lehrstuhl für Öffentliches Recht an der Universität in Bielefeld. Jede Publikation wird etwa 2000 Seiten umfassen. Nassau erschien zunächst nicht als vordringliches Forschungsobjekt. Heute sieht Kotulla das anders. „Nassau ist umwerfend spannend und äußerst ergiebig“, ist sein Resümee. 

Seinen Vortrag „Nassau als Pionier der deutschen Verfassungsgesetzgebung?“ gliederte er in zwei Kapitel. Zunächst referierte er die Ausgangslage, in der sich das Haus Nassau im Übergang des 18. zum 19. Jahrhundert befand. Daran schloss sich die Verfassungsgesetzgebung an, die in zwei Etappen erfolgte. Im Jahr 1814 kam es zu einem Landständeedikt, für Kotulla ein reines „Alibi“, wogegen ein verfassungspolitischer Neubeginn in den Jahren 1815/1816 zur echten Staatsorganisationsreform führte.

Eine Veranstaltung, die nach Fortsetzung verlangt: Der Bielefelder Rechtswissenschaftler Professor Dr. Michael Kotulla (rechts) referiert bei der Premiere der Nassauer Burggespräche über die Verfassungsgeschichte des Herzogtums Nassau. Foto: Markus Hunkenschröder/Uni Bielefeld

Verfassungsgesetzgebung lässt sich ohne den politischen Kontext nicht verstehen. So stellte der Bielefelder Professor die Ausgangslage des Herzogtums Nassau vorweg. Die Nassauer Dynastie war Ende des 18. Jahrhunderts marginalisiert. Sie hatte sich in fünf Linien aufgespalten und das Territorium glich einem Flickenteppich. Erst ein Erbvertrag von 1783 machte der Aufsplitterung ein Ende. 

Gewinner waren die Nassauer bei der Säkularisierung. Sie verloren ihre linksrheinischen Gebiete, erhielten als Entschädigung aber weit mehr an Fläche und Einwohnern. Ein guter „Deal“, wie Professor Kotulla meinte. Doch nach wie vor streckte das revolutionäre Frankreich seine Hand nach Nassau aus. Erst ein Geheimvertrag schafft Sicherheit. Die Rheinbundakte 1806 erklärt Nassau zu einem Staat, die Nassau-Usinger durften sich als Herzöge titulieren, jedoch existierte das Herzogtum unter dem Protektorat Napoleons. Trotz der Liaison mit Frankreich schafften es die Nassauer laut Kotulla nicht, den Code Napoléon zu übernehmen, der die feudale Gesellschaftsordnung hinter sich ließ.

Mit dem Herzogtum beginnt die Nassauische Verfassungsgeschichte, wobei Professor Kotulla deutlich machte, dass es sich dabei um eine rechtliche Grundordnung handelte, die von Edikten über das Militär bis zum Steuerrecht reichte. In Nassau, so Kotullas Einlassung zum Militärischen, wurde die Truppenlieferung für die napoleonische Armee zur Staatsräson. Das ging nicht ohne Widerstand und Tumulte ab. „Auch der Nassauer hat sich nicht alles gefallen lassen“, gab Referent Kotulla zum Besten. Die Steueredikte trafen auf eine völlige Zersplitterung. Ein Sammelsurium von mehr als 900 Steuern und Abgaben wurde im Herzogtum erhoben, bevor schließlich die einheitliche Staatsorganisation eingeführt wurde.

In letzter Stunde vollzog Nassau 1813 den Austritt aus dem Rheinbund. Eine erste Verfassungsreform fand 1814 unter dem maßgeblichen Einfluss des Freiherrn vom Stein statt. Es wurde ein Landständeedikt mit einem Deputiertenausschuss beschlossen. Jedoch waren nur zwei Prozent der Bevölkerung wahlberechtigt und davon nur ein Zehntel als Landesdeputierte wählbar. Den Grund für die Landständeordnung sah Professor Kotulla nüchtern: „Die Landesherren waren pleite, ihre Schulden wollten sie auf den Staat übertragen.“ Die zweite Verfassungsreform 1815/1816 kennzeichnete Kotulla als Neubeginn. Es wurde eine einheitliche Staatsorganisation geschaffen mit einer Zentralverwaltung, die einen Durchgriff bis in den „letzten Winkel“ des Landes erlaubte. Selbst der „Dorfschulze“ wurde ernannt und nicht gewählt, so Kotulla. 

In dieser zweiten Reform erkannte der Bielefelder Professor eine Pionierleistung der Nassauer darin, dass sie eine funktionierende Verwaltung, ein „straffes französisches Modell“, etablieren konnten. Was sich verfassungsrechtlich danach entwickelte, blieb offen und könnte Gegenstand des „2. Nassauischen Burggesprächs“ werden. Mit weniger Fülle ließe das Burggespräch dann einen interaktiveren Gedankenaustausch zu.

Professor aus Bielefeld referiert über Herzogtum

Rhein-Lahn-Zeitung, 31. März 2018:

Geschichte Vortragsreihe könnte entstehen

Von unserem Redakteur Carlo Rosenkranz

Nassau. Das kleine Herzogtum namens Nassau war nie der Nabel der Welt. Und doch geht von seiner gerade einmal 60-jährigen Geschichte offenbar so viel Faszination aus, dass ein Hochschulprofessor aus Bielefeld dem kleinen Staat fortan eine Vortragsreihe auf der Burg widmen will. Nicht Fachleute, sondern ein breites Publikum will er damit ansprechen. Premiere ist am Samstag, 5. Mai, um 17 Uhr. Wenn das Angebot auf entsprechende Resonanz stößt, soll es alljährlich mit wechselnden Themen wiederholt werden.

Prof. Dr. Michael Kotulla ist Rechtswissenschaftler und arbeitet mit seinem Team an einem Mammutwerk. Das deutsche Verfassungsrecht zwischen 1806 und 1918 ist sein Thema, das am Ende Zehntausende Buchseiten in zig Bänden füllen wird. Ein Teil davon wird dem Herzogtum Nassau gewidmet sein. Je tiefer er während seiner mehr als zweijährigen Recherche in das Thema eintauchte, desto größer wurde seine Faszination für das kleine Herzogtum, das er zuvor nur dem Namen nach kannte. Seine Erkenntnisse will Kotulla nun jenseits der geplanten Buchveröffentlichung in Form von Vorträgen anschaulich vermitteln. „Ich will vermeiden, dass jemand, der kein Experte ist, sich dabei fehl am Platz fühlt“, sagt der Professor. „Ich möchte auch Leute erreichen, die sich im Alltag eigentlich mit anderen Dingen beschäftigen.“

Sie freuen sich gemeinsam über die geplante Vortragsveranstaltung auf der Burg (von links): Ingo Nehrbaß, Geschäftsführer der G. und I. Leifheit-Stiftung, Stadtbürgermeister Armin Wenzel, Landrat Frank Puchtler, Prof. Dr. Michael Kotulla von der Uni Bielefeld und Dr. Meinhard Olbrich, Vorsitzender des Nassauer Geschichtsvereins. Foto: Markus Hunkenschröder/Uni Bielefeldt

Genauso offen ist Kotulla bei der künftigen Beteiligung externer Referenten. Deshalb nahm er bei einem Vorgespräch im Nassauer Rathaus wohlwollend zur Kenntnis, dass Dr. Meinhard Olbrich und Herbert Baum als Vertreter des Geschichtsvereins Nassau zusicherten, auf Ressourcen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung zurückgreifen zu können. „Das habe ich mir ein Stück weit erhofft“, sagte Kotulla. So könne man für die geplante Reihe für kommende Jahre weitere fachkundige Referenten gewinnen.

Olbrich und Baum hatten spontan einige Themenvorschläge parat: Nassauische Residenzen, die Rolle des Herzogtums in der Reformation und die Bauernbefreiung. „Da werden sie keine Probleme haben, Referenten zu bekommen“, sagte Olbrich. Der Bielefelder Professor selbst will sich zudem den dynastischen Verflechtungen des Hauses Nassau und ihrem Einfluss in aller Welt widmen. Zudem hob er die Bedeutung von Lokalhistorikern hervor, die mit großer Leidenschaft bei der Sache seien. „Ich habe diese sehr schätzen gelernt. Ihre Hinweise sind fast immer Gold wert“, sagte Kotulla. Sie verfügten oft über Erkenntnisse, die man in den einschlägigen Veröffentlichungen nicht finde.

Da die Veranstaltung keine Fachtagung sein soll, legt Professor Kotulla besonderen Wert auf eine ungezwungene Atmosphäre. Auch deshalb fiel die Wahl auf den Rittersaal der Nassauer Burg. Zudem ist dort die Bewirtung durch die Pächterin Diana Neuenfeldt sichergestellt, denn im Anschluss soll bei Speis und Trank Gelegenheit sein, miteinander ins Gespräch zu kommen. Auch im Rahmen des Vortrags wünscht Kotulla sich eine aktive Beteiligung der Gäste. „Ich ermutige ausdrücklich dazu, Fragen zu stellen oder zu diskutieren“, sagt er. Ein kostenloser Shuttle-Service soll garantieren, dass sich niemand von der geringen Zahl der Parkplätze oder dem beschwerlichen Aufstieg zur Burg von einem Besuch abhalten lässt. Damit die Veranstaltung finanziell gesichert ist, leistet vor allem die G. und I. Leifheit-Stiftung, die auch Kotullas Forschungsprojekt zur nassauischen Verfassungsgeschichte fördert, einen Beitrag. Als Schirmherr überbrachte zudem Landrat Frank Puchtler einen Bewilligungsbescheid der Naspa-Stiftung über 500 Euro.

Aus Sicht des Bielefelder Professors ist der Vortrag am 5. Mai ein Pilotprojekt. „Ich bin dankbar, dass wir Gelegenheit haben, so etwas auszuprobieren“, sagt er angesichts der Tatsache, dass niemand abschätzen kann, auf wie viel Resonanz das Vorhaben stoßen wird. Kreis, Stadt, die Touristik im Nassauer Land, Geschichtsverein und Leifheit-Stiftung wirken in jedem Fall darauf hin, dass es ein Erfolg wird. „Ich würde mich freuen, wenn es nicht eine einmalige Sache bliebe, sondern sich verstetigen würde“, sagt Kotulla.

Stadtbürgermeister Armin Wenzel, selbst Historiker und pensionierter Geschichtslehrer, zeigte sich erfreut, dass die Burg als Symbol der Stadt durch die geplante Veranstaltungsreihe noch größere Bedeutung erlange. „Die Burg bedeutet sehr viel für Nassau“, sagte er und bat darum, die Folgeveranstaltungen immer auf den Termin Anfang Mai zu legen. Dort kollidiere man nicht mit Ferien und es könne sich eine Marke etablieren. Auch der Landrat begrüßte Kotullas Initiative, die den Kreis bei seinen Bemühungen unterstütze, die Region zu beleben. Für Nassau und den Rhein-Lahn-Kreis sei es eine tolle Anerkennung, dass Wissenschaftler der Universität Bielefeld eine solche Vortragsveranstaltung auf der Burg auf die Beine stellen.

Der Eintritt zum Vortrag über die Verfassungsgeschichte des Herzogtums Nassau am Samstag, 5. Mai, 17 Uhr, ist frei. Anmeldung per E-Mail an . Am Veranstaltungstag verkehrt von 16.15 Uhr an ein Shuttlebus ab dem Schwimmbadparkplatz zur Burg.

Im Lese-Café lässt es sich gut schmökern

Rhein-Lahn-Zeitung, 03. März 2018:

Probesitzen im neuen Lese-Café (von links): Jugendpflegerin Juliane König, das Bibliotheksteam mit Marion Nacke, Petra Mörs und Martina Bergmann (Leiterin) sowie Ingo Nehrbaß von der G. und I. Leifheit-Stiftung und Stadtbürgermeister Armin Wenzel. Foto: Carlo Rosenkranz

Nassau. Ein Lese-Café bereichert die Nassauer Stadtbibliothek seit einigen Tagen. Am Freitag nun wurde sie offiziell in Betrieb genommen. Nicht nur geladene Gäste ließen sich gern in den bequemen Sesseln nieder.

Rund 80 Besucher täglich zählt die Bibliothek im Günter-Leifheit-Kulturhaus. Oft bleiben die Gäste länger, als zum Stöbern und Ausleihen nötig ist. „Die Stadtbibliothek hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zum sozialen Treffpunkt und Aufenthaltsort entwickelt“, sagt Leiterin Martina Bergmann. Sie und ihre Kolleginnen Marion Nacke und Petra Mörs tragen durch ihre offene und freundliche Art maßgeblich dazu bei, dass sich junge wie ältere Menschen dort wohlfühlen. Ein umfangreiches Medienangebot von Büchern über CDs, DVDs, E-Books und vielem mehr sowie kostenloses WLAN locken Menschen aus weiten Teilen des Rhein-Lahn-Kreises in die Einrichtung. Allein eine gemütliche Sitzecke und eine einfach zu bedienende Kaffeemaschine fehlten noch. Doch dieses Manko ist nun Vergangenheit.

Keine Lösung von der Stange, sondern individuell auf die Nassauer Stadtbibliothek abgestimmte Elemente wurden vom Büchereiteam ausgewählt. Die großen Regale wurden mit Rückwänden ausgestattet und so gestellt, dass an der großen Fensterfront ein kleines Separee mit viel Tageslicht entsteht. Ein Sofa, mehrere Sessel und Tischchen sorgen für eine wohnliche Atmosphäre. Lesestoff – auch aktuelle Zeitschriften – ist nur eine Armeslänge weit entfernt. Neu ist auch eine Maschine, die neben Kaffee und Tee auch Kakao bietet. Im Gegensatz zum Vorgängermodell ist die Bedienung kinderleicht. „An die alte Maschine hat sich kaum jemand rangetraut, weil man mehrere Knöpfe drücken musste“, sagt Bergmann.

Finanziert wurde das Projekt mit Geld aus drei unterschiedlichen Quellen. Die Stadt trug aus dem Erneuerungsetat für die Bücherei mit 1000 Euro ihren Teil bei, 3000 Euro stellte die G.-und-I.-Leifheit-Stiftung bereit. Das Land steuerte noch mal so viel zu und verdoppelte somit den Betrag.

Stadtbürgermeister Armin Wenzel bezeichnete das neue Lese-Café als „wesentliche Bereicherung dieser städtischen Einrichtung“. Er sei überzeugt, dass viele Menschen die Gelegenheit zu verweilen nutzen werden. Leiterin Martina Bergmann bestätigte, dass die Resonanz schon jetzt ausgesprochen positiv sei. „Man kann einfach herkommen und Zeit verbringen, ohne Geld ausgeben oder etwas konsumieren zu müssen“, erläuterte Bergmann die Attraktivität des Lese-Cafés. „Man kann hier andere Menschen treffen und ist zu nichts verpflichtet.“ Das Landesbibliothekszentrum, so war zu hören, habe bereits Interesse gezeigt, das Nassauer Projekt als beispielhaft auch anderen Einrichtungen bekannt zu machen.

Unabhängig vom kleinen Umtrunk anlässlich der Einweihung des Lese-Cafés zeigte die Zahl der Büchereibesucher, wie gut die seit 2004 in dieser Form bestehende Stadtbibliothek von der Bevölkerung angenommen wird. Auch Jugendpflegerin Juliane König war mit einer Gruppe Mädchen vom benachbarten Jugendtreff gekommen. Carlo Rosenkranz

Über Bundespräsidenten und Klärschlamm

Westerwälder Zeitung, 23. Februar 2018:

Wissen Schüler überzeugen Jury im Wettbewerb der Peter-Altmeier-Gesellschaft mit vielfältigen Ideen und Umsetzungen

Von unserem Mitarbeiter Hans-Peter Metternich

Die Preisträger des Schülerwettbewerbs „Politik-Staat-Gesellschaft – Eine ausgezeichnete Arbeit“ der Peter-Altmeier-Stiftung mit ihren Laudatoren. Links im Bild ist Hubert Luszczynski, Vizepräsident der Gesellschaft und Leiter des Wettbewerbs, zu sehen. Foto: Hans-Peter Metternich

Montabaur. Zum vierten Mal hat die Peter-Altmeier-Gesellschaft den Schülerwettbewerb „Politik-Staat-Gesellschaft – Eine ausgezeichnete Arbeit“ durchgeführt. Bei der diesjährigen Preisverleihung, die Maren Rogawski (Gesang) und Jannik Henkes (Gitarre) musikalisch gestalteten, wurden vor Kurzem im Kaminzimmer des Landesmusikgymnasiums in Montabaur zwölf Schüler für ihre Arbeiten ausgezeichnet. Sechs von ihnen erhielten Sonderpreise der G. und I. Leifheit-Stiftung Nassau, des Bildungsministeriums, des Landrats des Kreises Mayen-Koblenz, der Initiative Region Koblenz-Mittelrhein und der Peter-Altmeier-Gesellschaft Koblenz. Sechs weitere bedachte die Leifheit-Stiftung mit Urkunden. Kleine Geldpreise für die Preisträger waren inbegriffen.

Für den Wettbewerb hatten Oberstufenschüler Facharbeiten oder sogenannte Besondere Lernleistungen aus den gemeinschaftskundlichen Fächern eingereicht. „Politische Bildung lebt von der kritisch-rationalen Urteilsbildung auf der Grundlage gesicherter Quellen und allgemein überprüfbarer Fakten. Die hier präsentierten Arbeiten beweisen das hohe Niveau, auf dem sich junge Menschen mit der politischen Ordnung in Geschichte und Gegenwart auseinandersetzten“, lobte Andreas Biebricher, Präsident der Peter-Altmeier-Gesellschaft. „Die Schüler haben mit ihren Arbeiten unter Beweis gestellt, dass sie in der Lage sind, historisches und aktuelles Geschehen aufzubereiten, unter den Bedingungen von Würde, Freiheit und Solidarität zu beurteilen und Handlungsempfehlungen daraus abzuleiten.“

Hubert Luszczynski, Vizepräsident der Gesellschaft und Leiter des Wettbewerbs, führte durch den Abend, der, was die Arbeiten anbelangte, äußerst Bemerkenswertes mit einer enormen Themenbandbreite zu bieten hatte. Die sechs Besten stellten ihre selbst gewählten Arbeiten in einem Kurzvortrag vor. So gab Mara Baustert vom Herzog-Johann-Gymnasium in Simmern einen Einblick in ihre Arbeit „Christen als Soldaten – Widersprüche, Probleme, Motivationen“. Sabrina Bier (Gymnasium auf dem Asterstein) widmete sich dem Thema „Alterswohnkonzepte im urbanen Raum“, Moritz Haupt (Goethe-Gymnasium Bad Ems) versuchte herauszufinden, ob für die Klärschlammentsorgung eine umweltgerechte Nutzung möglich ist, und Laura Stumm (Peter-Joerres-Gymnasium Bad Neuenahr-Ahrweiler) stellte sich die Frage „Der Bundespräsident – Repräsentant oder einflussnehmende Instanz?“.

Vom Mons-Tabor-Gymnasium in Montabaur zählten Larissa Kleppel und Felix Weimer zu den Sonderpreisträgern. Ihre Themen: „Die Zusammenhänge zwischen dem Aufstieg des Rechtspopulismus und der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklung im Vergleich zwischen den alten und neuen Bundesländern“ und „Das Zentrale-Orte-Konzept nach Christaller und dessen Umsetzung im Bereich der VG Montabaur“. Wie schon gesagt, die Themen hätten konträrer kaum sein können, und die Jury hatte die Qual der Wahl. Neben den Sonderpreisträgern erhielten an diesem Abend sechs weitere Arbeiten eine Belobigung durch die Leifheit-Stiftung.

Kurzum: Der Aufruf der Peter-Altmeier-Stiftung, das Interesse junger Menschen auf Politik, Staat und Gesellschaft zu lenken, ist ohne Zweifel auf fruchtbaren Boden gefallen.

Leifheit-Stiftung Nassau honoriert weitere Arbeiten

Neben den Gewinnern der Sonderpreise beim Schülerwettbewerb „Politik-Staat-Gesellschaft – Eine ausgezeichnete Arbeit“ honorierte die G. und I. Leifheit-Stiftung sechs weitere Arbeiten mit Urkunden und Prämien. Hier die Preisträger: Marc Michael Friebe (Wilhelm-Remy-Gymnasium Bendorf): „Ausgewählte nationalsozialistische Feiertage im Spiegel der Bendorfer Zeitung der Jahre 1933 und 1934“; Jan Hartmann (Johannes-Gymnasium Lahnstein): „Herabsetzung des Wahlalters bei Bundestagswahlen auf 16 Jahre“; Jannik Henkes (Landesmusikgymnasium Montabaur): „Prinzipien machiavellistischer Politik im 21. Jahrhundert am Beispiel Putins“; Jana Stefanie Müller (Goethe-Gymnasium Bad Ems): „Stunde Null 1945? Zäsur oder Kontinuität, wirtschaftliche Entwicklung in Bad Ems nach Kriegsende“; Leo Schwaderlapp (Johannes-Gymnasium Lahnstein): „Glaube an Rettung? – Rettung durch Glaube? Glaube und Religion in der Endphase des Zweiten Weltkrieges“; Celina Singer (Herzog-Johann-Gymnasium Simmern): „Wie gleichberechtigt ist Deutschland wirklich?“. hpm

Projekt gestartet: Ortsgeschichte wird digital

Rhein-Lahn-Zeitung, 19. Februar 2019:

Mainzer Institut arbeitet Historie der 137 Orte im Kreis auf und veröffentlicht sie im Netzt

Von unserem Redakteur Carlo Rosenkranz

Zurzeit wird an die Ereignisse nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in unserer Region erinnert. Diese Aufnahme zeigt französische Besatzungstruppen vor Schloss Oranienstein im Januar 1919 und stammt aus einer Sammlung des Freiendiezer Fotografen Karl Zimmermann. Foto: privat

Nassau/Rhein-Lahn. Viele geschichtliche Informationen zu den 137 Gemeinden im Rhein-Lahn-Kreis findet man nur in umfangreichen gedruckten Chroniken oder verborgen in Archiven. Auf Wikipedia ist über die kleineren Ortschaften kaum mehr als ein paar Zeilen zu erfahren. Das soll sich nun ändern. Das Institut für Geschichtliche Landeskunde (IGL) an der Universität Mainz wird sich bis Mitte kommenden Jahres intensiv mit dem Gebiet zwischen Rhein und Aar befassen und die Ergebnisse aufarbeiten. Sie sollen allgemein verständlich im Internet auf der Plattform „Regionalgeschichte.net“ veröffentlich werden. Möglich wird das Projekt durch die Förderung der Nassauer G. und I. Leifheit-Stiftung.

Die rheinland-pfälzischen Gemeinden rechts des Rheins sind bislang nur berücksichtigt, sofern sie am Mittelrhein liegen. Mit Förderung der Leifheit-Stiftung wird nun das gesamte Kreisgebiet aufgearbeitet. Unter dem Titel „Ortsgeschichten in Nassau“ widmet sich das Team aus wissenschaftlichen Mitarbeitern des IGL dem Kerngebiet des ehemaligen Herzogtums Nassau, das bis 1866 bestand. Dabei sind Historiker und Heimatforscher vor Ort aufgerufen, ihr Wissen mit einzubringen. Schließlich kenne niemand manche historischen Hintergründe so gut wie die lokalen Geschichtsforscher. Zudem will das IGL mit „Regionalgeschichte.net“ zur Vernetzung der Geschichtsvereine, Archivare und Heimatforscher beitragen. Schon jetzt seien mehr als 300 Aktive aus Rheinland-Pfalz an der Arbeit beteiligt. Kein Zufall also, dass das Motto des Projektes „Forschen, Vermitteln, Mitmachen“ lautet. „Für uns ist es am einfachsten, wenn die Menschen auf uns zukommen“, sagt Prof. Dr. Michael Matheus, Erster Vorsitzender und Direktor des Instituts. Darüber hinaus kontaktiere man die wichtigsten Geschichtsvereine schriftlich. Auch IGL-Geschäftsführer Dr. Kai-Michael Sprenger hebt die besondere Rolle der Menschen vor Ort heraus. „Von den Limesabschnittsforschern beispielsweise bekommen wir viel mehr Hinweise auf Wissenswertes, als wir uns selbst erarbeiten könnten.“

Von der Ortschronik über Kulturdenkmäler, Kirchen, besondere Gräber und Wegekreuze – die möglichen Inhalte sind vielfältig. Auch überörtliche Aspekte wie Stiftungen und Klöster, Wirtschaftsgeschichte, die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs oder Auswanderungswellen aus Rheinland-Pfalz finden Berücksichtigung auf eigenen Themenseiten. Die Informationen zu allen Themen werden von den Institutsmitarbeitern zusammengetragen, bewertet und aufgearbeitet. Damit will man laut Direktor Matheus im Gegensatz zu den Anfangszeiten von Wikipedia eine redaktionelle Bearbeitung und Qualitätssicherung sicherstellen. Zudem sollen die Erkenntnisse nach modernen didaktischen Prinzipien aufbereitet werden. Die Ergebnisse sollen nicht nur für Historiker lesbar, sondern auch für ein breites Publikum nutzbar sein. Zugleich sieht Matheus in „Regionalgeschichte.net“ die Chance, „gewisse Dinge aus den Archiven online im Internet zu zeigen“.

Dass die Mainzer Geschichtsforscher ihr Dasein nicht in Archiven und hinter Büchern fristen, zeigen sie mit ihrem Geschichtsmobil. In den vergangenen zehn Jahren hat das IGL-Team damit rund 100 000 Kilometer zurückgelegt, um in der Fläche präsent zu sein und über das Projekt „Regionalgeschichte.net“ zu informieren. „Da kommen dann Leute, die uns Kisten voll historischem Material von ihrem Speicher bringen“, sagt Direktor Matheus und bietet sogleich an, beispielsweise bei einem Mittelalterfest auf Burg Nassau mit dem Geschichtsmobil zugegen zu sein. Dort nämlich wurde die Ausweitung des Projekts auf den Rhein-Lahn-Kreis offiziell vorgestellt. Und das aus gutem Grund. „Dies ist ein spannender Ort, aus dem eine Dynastie erwachsen ist, die in der europäischen Geschichte eine wichtige Rolle gespielt hat“, so Matheus.

Die Mainzer Wissenschaftler und die Vertreter der G. und I. Leifheit-Stiftung vor dem Geschichtsmobil auf Burg Nassau. Foto: Rosenkranz

Die Projektkoordination für „Ortsgeschichte in Nassau“ im Rahmen von Regionalgeschichte.net hat Lutz Luckhaupt inne. Kontakt: Tel. 06131/393 83 00, E-Mail

Leifheit-Stiftung gibt hohe Summe für Altersmedizin

Rhein-Lahn-Zeitung, 26. Januar 2018:

Versorgung Dr. Roland Hardt erhält neu eingerichteten Lehrstuhl für Geriatrie an der Universitätsmedizin Mainz

Nassau/Mainz. Die Nassauer G. und I. Leifheit-Stiftung stellt der Universitätsmedizin Mainz Mittel in siebenstelliger Höhe zur Verfügung, um damit eine Professur für das Fachgebiet der Altersmedizin (Geriatrie) zu unterhalten. Nun ist die Professur mit Dr. Roland Hardt besetzt worden. Der 57-Jährige ist ärztlicher Leiter der 2016 gegründeten Abteilung für die Versorgung von geriatrischen Patienten am Universitätsklinikum.

Dr. Roland Hardt (Mitte) ist Inhaber der neuen Stiftungsprofessur. Mit auf dem Foto sind (von links) Ingo Nehrbaß und Josef Peter Mertes von der G. und I. Leifheit-Stiftung sowie Dr. Norbert Pfeiffer und Dr. Ulrich Förstermann von der Universitätsmedizin. Foto: Markus Schmidt (Universitätsmedizin)

Salvatore Barbaro, Aufsichtsratsvorsitzender der Universitätsmedizin Mainz und Wissenschaftsstaatssekretär, sagte: „Unsere Spitzenforschung kann neue, innovative Versorgungsformen entwickeln, die den Menschen sehr konkret helfen können und ihre Lebenssituation verbessern. Dank der Unterstützung der G. und I. Leifheit-Stiftung können wir nun mit der Besetzung der neuen Stiftungsprofessur die erfolgreiche Entwicklung der Mainzer Geriatrie fortsetzen.“ Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler erwartet von der Professur „einen wichtigen Beitrag gerade zur intersektoralen Weiterentwicklung einer patientenorientierten Versorgung in der Geriatrie“.

Hardt ist am Forschungsprojekt Geriatrisches Netzwerk beteiligt, das auf eine engere, strukturierte Verzahnung der stationären und ambulanten Versorgung geriatrischer Patienten hinwirken soll. Außerdem ist er Partner einer Studie zur Prozessoptimierung durch interdisziplinäre und Sektoren übergreifende Versorgung am Beispiel von Patienten mit Hüft- und Knieendoprothesen, wie der Wissenschaftliche Vorstand Dr. Ulrich Förstermann mitteilte.

Der stellvertretende Vorsitzende der G. und I. Leifheit-Stiftung, Josef Peter Mertes, erklärte: „Es war der Wille unserer Stifters Günter Leifheit, älteren und kranken Menschen zu helfen. Daher ist in der Satzung der als Stiftungszweck festgelegt, Bereiche zu fördern, die das Leben im Alter verbessern wollen. Dazu zählt auch die medizinische Forschung. In der von uns finanzierten und neu eingerichteten Stiftungsprofessur verbinden sich beide Ziele hervorragend. Wir sind fest davon überzeugt, dass von ihr eine landesweite Signalwirkung ausgehen wird.“ Roland Hardt sagte: „Ich freue mich sehr, dass auch dank der G. und I. Leifheit-Stiftung die Spezialdisziplin Geriatrie im interdisziplinär und translational agierenden universitären Fächerkanon eine immer größere Bedeutung erhält.“