Wohnprojekt: „Schandfleck“ stört den Investor

Rhein-Lahn-Zeitung, 23. Oktober 2018:

Die ersten Reaktionen auf die Vorstellung des Bauprojekts „Betreutes Wohnen“ der Leifheit-Stiftung sind durchweg positiv

Von unserem Redakteur Carlo Rosenkranz

Nassau. Die ersten, spontanen Reaktionen auf den ersten Entwurf eines Projektes für betreutes Wohnen auf dem ehemaligen Brauereigelände sind positiv. Ratsmitglieder und Bürger bekundeten in der Sitzung des Stadtrats am vergangenen Donnerstag ihre Zustimmung zu dem, was von Stefan Seip, Geschäftsführer der Leifheit Immobilien und Beteiligungen GmbH (LIB), und Architekt Georg Lambert vorgestellt worden war. Beide sehen sogar Möglichkeiten, bei großer Nachfrage weitere Wohnungen in unmittelbarer Nähe anzubieten. In einem ersten Schritt soll Wohnraum für 60 Senioren geschaffen werden.

Für die CDU lobte Fraktionsvorsitzende Petra Wiegand die Machbarkeitsstudie. „Auf den ersten Blick bin ich sehr angetan davon“, sagte sie. Erfreulich sei auch, dass durch die Tiefgarage der in Nassau knappe Parkraum nicht weiter belastet werde und die geplante Einrichtung ihren eigenen Bedarf decken solle. Wolfgang Spitz (FWG Forum) reagierte mit dem Ausspruch: „Das ist sehr gelungen.“ Für das vorgestellte Projekt müsse man auch in Kauf nehmen, dass der Untere Bongert als Verkehrsverbindung entfallen werde. „Dagegen kann man sich nicht sperren“, meinte Spitz. SPD-Ratsmitglied Peter Schuck fand ebenfalls lobende Worte. „Das Projekt gefällt mir gut. Ich kann mir vorstellen, dass es dorthin passt“, sagte er. Der dafür notwendige Rückbau des Unteren Bongert dürfe aber nicht zu einer starken Mehrbelastung der Bewohner in der Kaltbach- und der Westerwaldstraße durch Straßenverkehr führen.

Auf diesem Platz soll ein Haus gebaut werden, das betreutes Wohnen für 60 Senioren bietet. Dafür müsste auch die Straße Unterer Bongert (rechts) überbaut werden. Im Stadtrat gab es spontane positive Reaktionen auf die Vorstellung der Machbarkeitsstudie. Foto: Carlo Rosenkranz

LIB-Chef Seip zufolge wurde im Vorfeld der zu erwartende Bedarf für betreute Wohnmöglichkeiten ermittelt. Dieser sei „nicht allzu groß, denn wir sind nicht in Koblenz, aber auch nicht zu klein, denn sonst könnten wir keine Betreuung gewährleisten“. Ratsmitglied Dr. Thomas Klimaschka (CDU) sagte, er erwarte einen rasch steigenden Bedarf. Als Option für weitere Wohnungen hat die LIB den Bereich, auf dem das ehemalige Bekleidungshaus Bläsche (Obertal Ecke Kaltbachstraße) steht vorgesehen. Dort könnte ein Neubau Raum für acht weitere Wohneinheiten mit Betreuung bieten. Für einen durchgehenden Gebäudeblock zum zunächst geplanten Haupthaus gebe es aber nicht genug Raum auf dem Grundstück. Auf die Aufstockung des dreigeschossig geplanten Hauptgebäudes habe man aus städtebaulichen Gründen verzichtet.

Nach Schätzung des Architekten dauert es rund ein Jahr nach Schaffung des Baurechts, bis die Immobilie steht. „Wir gehen mit Ehrgeiz und Hochdruck heran“, versicherte LIP-Geschäftsführer Seip. Wie viel die künftigen Bewohner der Einrichtung bezahlen müssen, ist noch unklar. Seip machte deutlich, dass das betreute Wohnen kein Wohlfahrtsprojekt ist. „Das ist keine gute Gabe der Leifheit-Stiftung, sondern im Sinne der Vermögensverwaltung“, sagt Seip. „Es muss sich tragen.“ Zwar müsse man sich damit keine goldene Nase verdienen, aber das eingesetzte Kapital müsse wenigstens erhalten werden. „Wir kalkulieren das so, dass es hier in Nassau reinpasst“, sagte der LIB-Geschäftsführer.

Unzufrieden ist der Investor nur mit dem ehemaligen Supermarkt, dessen Gebäude sich vom Obertal bis zum Unteren Bongert erstreckt. Dieser „Schandfleck“ sei der LIB ein Dorn im Auge, weil man von der Ostseite des geplanten Wohnhauses direkt auf das Parkdeck schaue. „Aus der Perspektive des Investors ist das Mist“, nahm Seip kein Blatt vor den Mund. „Das ist keine schöne Aussicht, aber wir können da im Moment nichts tun.“

LIB ist Tochter der Stiftung

Die Leifheit Immobilien und Beteiligungen (LIB) GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der G. und I. Leifheit-Stiftung und hat wie diese ihren Sitz in Nassau. Der Limburger Rechtsanwalt Stefan Seip ist seit Anfang des Jahres Geschäftsführer der LIB. Er war zuvor unter anderem als Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Mineralbrunnen und als Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Investment und Asset Management tätig.

Leifheit-Stiftung stellt Bauprojekt im Stadtrat vor

Rhein-Lahn-Zeitung, 20. Oktober 2018:

Betreutes Wohnen Das soll auf dem Platz neben dem Kulturhaus im Nassauer Zentrum entstehen

Von unserem Redakteur Carlo Rosenkranz

So soll sich das Projekt „Betreutes Wohnen“ der G. und I. Leifheit-Stiftung in die Umgebung einfügen. Das Gebäude soll zwischen der Kaltbachstraße (rechts) und dem Parkdeck am Kulturhaus entstehen. Dazu wird ein Teil des Unteren Bongert benötigt. Grafik: PFM Planung und Facility Management GmbH

Nassau. Vor mehr als 30 Bürgern und den Mitgliedern des Nassauer Stadtrats hat die G. und I. Leifheit-Stiftung gestern gezeigt, wie sie sich das seit vielen Jahren geplante Projekt „Betreutes Wohnen“ auf dem ehemaligen Brauereigelände im Herzen der Stadt vorstellt. Die noch ganz am Anfang stehende Machbarkeitsstudie stieß allgemein auf Wohlwollen, wenn nicht sogar Begeisterung. Eine Kröte müssen die Ratsmitglieder aber schlucken, wenn die Pläne Realität werden sollen.

Das dreistöckige Gebäude soll Wohnraum für insgesamt 60 Senioren bieten. Dabei gibt es unterschiedliche Formen, wie dieser gestaltet wird. So sollen Wohnungen mit einer Größe von 50 bis 60 Quadratmetern entstehen. Denkbar ist, dass zwei Wohnungen etwas größer ausfallen. Zudem sind Wohngemeinschaften geplant, die über gemeinsame Bereiche beispielsweise zum Essen verfügen. Weiterhin bestehen Kapazitäten, um eine Arztpraxis einzurichten. Dort könnten tageweise wechselnde Fachmediziner Sprechstunden anbieten. Eine Option, die Ratsmitglied und Allgemeinmediziner Dr. Thomas Klimaschka (CDU) ausdrücklich lobte. So habe Nassau trotz relativ geringer Einwohnerzahl die Möglichkeit, Ärzte gewisser Fachrichtungen in die Stadt zu bekommen. Am meisten gespannt waren Mandatsträger und Bürger aber auf die architektonische Gestaltung des Gebäudes. Und die überzeugte auf Anhieb.

Straße Unterer Bongert müsste überbaut werden

Das Objekt ist dreigeschossig geplant und erstreckt sich in einem leichten Bogen aus Richtung Kulturhaus bis zum derzeitigen Kleiderladen der Flüchtlingsinitiative. Damit werden auch die Befürchtungen einiger Ratsmitglieder bestätigt, dass die Straße Unterer Bongert als Fläche benötigt wird und damit ab dem Parkdeck vor dem Kulturhaus wegfallen würde. Daraus machte Stefan Seip, Geschäftsführer der Leifheit Immobilien und Beteiligungen GmbH (LIB) auch gar keinen Hehl. „Wir sind darauf angewiesen, einen Teil der Straße zu überbauen“, sagte er und wandte sich an die Ratsmitglieder: „Ich hoffe, dass der ein oder andere das nicht so schlimm findet und zu der Erkenntnis gelangt, dass die Stadt dafür einen tollen Gegenwert erhält.“ Erste Äußerungen aus den Fraktionen und von den anwesenden Bürgern lassen darauf schließen, dass genau das der Fall ist.

Architekt Georg Lambert hat sich alle Mühe gegeben, das Gebäude und sein Umfeld so zu gestalten, dass es als Bereicherung des Nassauer Stadtkerns betrachtet werden kann. Schon die begrenzte Höhe des Baus passt sich in die Umgebung ein. „Wir haben uns städtebaulich nicht getraut, ein viertes Stockwerk draufzusetzen. Das schien uns ein bisschen zu dominant“, sagte er. Die für Pflege- und Betreuungspersonal notwendigen Parkplätze sollen in einer Tiefgarage entstehen. 

Platz soll Bewohnern und Bürgern zur Verfügung stehen

Damit rund um die 1380 Quadratmeter überbaute Fläche Raum für Grün und einen Platz ist, der Bewohnern und Bürgern zur Verfügung steht, müsse aber auch der jetzige Untere Bongert miteinbezogen werden. „Anders ist unser Konzept nicht zu verwirklichen“, sagte LIB-Geschäftsführer Seip. „Auf den jetzigen Schotterplatz könnte man sonst nur ein Türmchen stellen, mit dem in Nassau niemand glücklich wäre.“

Architekt Lambert hält den Standort im Übergangsbereich von Kernstadt zu den Wohngebieten Nassaus für ideal für ein solches Projekt, da Senioren nicht fernab von Cafés, Geschäften und Kulturangebot wohnen wollten. Die Gestaltung des Außenbereichs könne die Stadt bereichern. „Dort gibt es im Moment in einigem Umkreis keinen einzigen Baum“, sagte Lambert. Der in Richtung Kulturhaus und Parkdeck vorgesehene Platz könne für Konzerte oder Ähnliches miteinbezogen werden. Gewinnen soll auch der untere Bereich der Kaltbachstraße zwischen Obertal und Unterem Bongert. Das Gebäude soll vom Straßenrand zurückgesetzt werden, um dort mehr Raum zu schaffen, der ebenfalls begrünt werden soll.