Günter Leifheit: Es muss den Menschen dienen

Rhein-Lahn-Zeitung, 13. Juli 2017:

Buch Stiftung stellt umfassende Dokumentation über Unternehmer, Stifter und Ehrenbürger der Stadt Nassau vor

Nassau. „Günter Leifheit. Es muss den Menschen dienen!“ So lautet der Titel eines Buches, das den Unternehmer, Stifter und Ehrenbürger der Stadt Nassau umfassend porträtiert. Archivmaterial, Briefe, Fotos und vor allem Schilderungen von Zeitzeugen hat der Autor Wolfgang Redwanz in mühsamer Recherche in zwei Jahren zusammengetragen und auf insgesamt 290 Seiten lesenswert aufbereitet. Die „G. und I. Leifheit Stiftung“ als Herausgeberin stellte das Werk nun der Öffentlichkeit vor, das ein Stück erfolgreicher deutscher Unternehmergeschichte dokumentiert.

Die Dokumentation setzt zwei Schwerpunkte: Einmal blickt sie auf den Unternehmer Günter Leifheit, dessen unternehmerische Laufbahn beginnt, als er 1948 Ingeborg Kaiser heiratet und in die Firma Kaiser & Co. in Witten eintritt. 1959 gründet er mit seiner 1999 verstorbenen Frau die Firma Leifheit in Nassau und entwickelt sie von der Teppichkehrer-Produktion in nur 14 Jahren zum international erfolgreichen Unternehmen im Haushaltswarenbereich. Zum anderen richtet das Buch den Fokus auf den Förderer und Ehrenbürger der Stadt Nassau, der sich der 1920 in Wetter an der Ruhr geborene Unternehmer bis zu seinem Tod im Jahr 2009 stets tief verbunden fühlte. Für beides galt Leifheits Überzeugung: „Es muss den Menschen dienen.“ 

Stellten in Nassau die Dokumentation über den Unternehmer, Stifter und Ehrenbürger Günter Leifheit vor (von links): Wolfgang Redwanz, Ilse Leifheit und Karl-Heinz Dieckmann. Foto: Bernd-Christoph Matern

Allein 55 Zeitzeugen, die Leifheit sowohl als Gründer der heutigen Aktiengesellschaft kannten als auch als Förderer Nassaus, interviewte Redwanz für die Publikation. In Verbindung mit Dokumenten aus dem Stadtarchiv, schriftlichen Aufzeichnungen wie etwa Lehrverträgen, Briefen und Stadtratsbeschlüssen sowie Berichten der Rhein-Lahn-Zeitung gelang dem Autor ein sehr detaillierter Blick auf den Unternehmer und den Mäzen, der 1972 das Unternehmen verkaufte und sich 1974 mit seinem Wegzug in die Schweiz auch aus der Geschäftsleitung zurückzog. „Und doch war er über alles, was in Nassau geschah, immer bestens informiert, besser als mancher Nassauer“, beschreibt Redwanz den sehr interessierten Leifheit. Der ehemalige Abteilungsdirektor der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion hat den Unternehmer selbst nie persönlich kennengelernt, was ihm einen neutralen Blick auf dessen Leben und Wirken ermöglichte. Ein Streifzug durchs heutige Nassau zeigt auf Schritt und Tritt die Verbundenheit mit dem Städtchen an der Lahn, wo der Ehrenbürger auch seine letzte Ruhestätte fand. Allein 60 Seiten der Dokumentation widmen sich dem Förderer von Stadt und Region, die ab dem Jahr 2000 einen regelrechten „Boom“ erfuhr. „Er will und kann dabei auch etwas zurückgeben an diejenigen, die in seiner Firma gearbeitet haben und ihm zu Wohlstand verholfen haben“, schreibt Redwanz. Ganz entscheidend komme dabei der Einfluss von Leifheits aus Nassau stammender Ehefrau Ilse zur Geltung. Mit ihr lebt der Unternehmer bis zu seinem Tod in der Schweiz und unterstützt bis dahin unzählige Projekte – bis hin zum Bau des Kulturhauses.

So genau er über Details in der Planung und den Fortschritt der von ihm geförderten Projekte informiert sein wollte, so diszipliniert und akkurat sorgte Leifheit auch für den Erfolg seines Unternehmens. „Heben sie mal die 50 Pfennig auf“, erinnert Ilse Leifheit an den Ordnungssinn ihres Mannes, wenn er durch die Produktionshalle ging und ein entsprechend teures Teilchen auf dem Boden liegen sah. Ein Gespür für den wohl durchdachten Ton im Umgang mit Mitarbeitern und Ironie bezeugt eine andere Geschichte, die dem Autor erzählt wurde. Einem krank gemeldeten Angestellten, der offensichtlich sein Haus baute, soll er einen Blumenstrauß mit Genesungswünschen geschickt haben. Den Menschen zugewandt zeigte sich der Firmenchef aber auch, wenn diese im Privaten Hilfe brauchten. „Er hat ordentliche Arbeit verlangt, aber auch geholfen, wenn er von privaten Notlagen erfuhr“, so Redwanz. Das konnte ein zinsloses Darlehen für ein Auto oder Grundstück sein oder ein guter Rat, der bei Liebeskummer tröstete. Fasziniert hat den Autor, dass Leifheit die damals 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allesamt mit Namen kannte. Die Bodenständigkeit des Unternehmers, der gern Erbsensuppe und Bratkartoffeln aß, bezeugten viele Interviewpartner wie die langjährige Mitarbeiterin Rosel Schwarz. „Er brachte seine Fahrer nicht nur in guten Hotels unter, er konnte auch selbst Holzklasse fahren“, so Redwanz. 

Die Dokumentation erinnert außerdem an Leifheit als einen Pionier in Sachen Marketing und TV-Werbung. In der Anwerbung qualifizierter Fachkräfte zeigte er als Personalchef viel Sorgfalt, die ebenfalls Charakterzüge als Mensch und unternehmerische Führungskraft offenbaren. Im Umgang mit der Konkurrenz soll Leifheit beim Abwerben nicht zimperlich gewesen sein. So war der Handelsvertreter Karl-Heinz Dieckmann vom Charisma des Unternehmers sofort angetan, als er von Dieter Schüfer nach Nassau zum Gespräch mit Leifheit eingeladen wurde, um künftig für das Unternehmen zu arbeiten. Schüfers Auftrag: Dieckmann „um jeden Preis an Land ziehen“.

Gut kann sich der heute 96-Jährige aus Ratingen noch an manches Verkaufsgespräch mit großen Handelsketten erinnern, in denen Leifheit viel Verhandlungsgeschick und Cleverness zeigte. „Die waren richtig froh und stolz, mit einem Mann wie Günter Leifheit einen Vertrag zu machen“, berichtet Dieckmann, der zu einem Freund der Familie wurde und auch bei der Buchpräsentation dabei war. „Lesen, lesen, lesen“ war ein Rat, den Leifheit seinen Lehrlingen mitgab, um sich nicht nur in fachlicher Kompetenz, sondern auch im Zeitgeschehen zu bilden. In der zweijährigen Recherche habe Redwanz einen Mensch, Unternehmer und Liebhaber von Nassau kennengelernt, der seine Klugheit einer steten Lernfähigkeit zu verdanken habe. „Ein großer Mann, der Ausstrahlung und Charisma hatte, äußerst kommunikativ war und über ein phänomenales Gedächtnis verfügte“, resümiert der Autor. Aufzeichnungen über den Mensch und Bürger Leifheit sowie ein Überblick über die Arbeit der von ihm und seiner Ehefrau Ilse gegründeten „G. und I. Leifheit Stiftung“, die unter dem Vorsitz von Ilse Leifheit und Dr. Josef Peter Mertes die Förderung von Nassau und der Region im Sinne des Unternehmers fortführt, runden die Dokumentation ab. Bernd-Christoph Matern 

Die Dokumentation von Wolfgang Redwanz „Günter Leifheit. Es muss den Menschen dienen!“, herausgegeben von der G. und I. Leifheit Stiftung, ist erhältlich für 14,50 Euro bei der Buchhandlung Jörg in Nassau, Telefonnummer 02604/4361 oder E-Mail an info@fotoriege. de. Weitere Informatione gibt es über die App RZplus.

Bernd-Christoph Matern